"Dein Rückfall - Dein (hoffentlich) unbekanntes
Ereignis!"
Tagessemimar von DJMiK Hessen, "Rückfallbearbeitung bei
Jungen Suchtkranken"
Fachklinik "Schloss Falkenhof", Bensheim
23. März 2010
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Da sich viele neue Gruppenbesucher in den
DJMiK-Gruppen in den letzten Monaten eingefunden
haben, war für Einige das Umfeld der Fachklinik
„Schloss Falkenhof“ neu und auch etwas aufregend.
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Einer lernte auf diesem Wege sogar die Klinik kennen, in der
er in den nächsten Monaten einige Zeit verbringen wird,
wenn auch sein „Einzugs- termin“ noch nicht feststeht.
Auch unser Seminar-Thema „Rückfallbehandlung in der
DJMiK-Gruppe“ war für manchen noch Neuland –
glücklicherweise? Erstaunlich zumindest, dass bei diesem
Seminar zum ersten Mal die Teilnehmer überwiegend aus dem
Altersbereich der Jungen stammten und die „Alten Hasen“ nur
mit vier Teilnehmern präsent waren.
Außerdem hatten wir auch noch Patienten aus dem Falkenhof
eingeladen, die freiwillig an unserem Seminar teilnehmen
konnten. Von diesen durfte wir 3 begrüßen – ein weiteres
Novum in der Kooperation zwischen Kreuzbund und Klinik. Nach
der Mittagspause tauschte dann noch ein Teilnehmer mit einem
Mitpatienten.
Gespannte Neugier von Kreuzbündlern und Gästen
Der Seminarleiter, Herr Ralph Eisele von der
Caritas-Beratungsstelle in Frankfurt, führte nach der
Begrüßung ins Thema ein und erklärte ein paar grundsätzliche
Dinge, die man über den Rückfall wissen sollte.
Besonders die Abgrenzung eines „Vorfalls“ zu einem
“Rückfall“ war wichtig, wenn auch nicht immer leicht
einsehbar. Wir einigten uns darauf, dass man den „Vorfall“
als eine Situation mit Nutzung des Suchtmittels verstehen
kann, weil man in einer schwierigen Situation kein anders
Hilfsmittel mehr zur Verfügung hat.
Andererseits darf man auch nicht übersehen, dass man diesen
Vorfall als Einstieg in den Rückfall sehen muss, wenn man
der Situation anders nicht mehr Herr wird und damit
fortgesetzt, wissentlich und willentlich wieder das
Suchtmittel als Ventil nutzt. Hier ist das Thema
„persönliche Rückfall- prophylaxe“ besonders wichtig, z.B.
ein eigener, persönlicher Aktionsplan für kritische
Situationen.
Außerdem war besonders interessant, welche Arten von
„Rückfällen“ der Fachmann kennt und wie sie klassifiziert
werden. Dabei spielen besonders zwei eine wichtige Rolle und
waren für uns interessant:
-
Der systemische Rückfall, mit dem beschrieben wird, wie
ein Rückfall durch die Umgebung eines Suchtkranken
„erzeugt“, ja manchmal geradezu erzwungen wird, wenn die
Stabilisierung des Betroffenen noch nicht so weit
gediehen ist, dass er in dieser Situation bereits die Mittel zur
Verfügung hat, sich zu wehren und/oder Hilfe zu holen
(Beispiel: „Nun sei kein Frosch und trink mal einen mit!
Du warst doch schon so lange trocken!“).
-
Die zweite Rückfallsituation ist der sog. „trockene
Rückfall“, den man am besten damit beschreibt, dass man
zwar nicht direkt zum Konsum kommt, aber sich durchaus
in kritischen Situationen wieder so verhält, wie man es
aus der Suchtphase kennt. Aggression gegen andere,
überzogene Euphorie usw..
Bearbeitung der Selbsteinschätzungsfragen
Insgesamt 8 Rückfallrisiken kennt man.
Herr Eisele gab uns die Möglichkeit einer Selbsteinschätzung
unserer Risikosituation dieser 8 Möglichkeiten:
-
unangenehme, belastende Gefühle,
-
Konflikte mit Anderen,
-
Alkohol- (oder Stoff-) Angebote,
-
darüber Nachdenken zum kontrollierten Trinken (oder
kontrollierten Konsum),
-
Verlangen (ausgelöst durch Situationen oder Orte des
Konsums in früherer Zeit),
-
körperliche Schmerzen,
-
angenehme Gefühle
-
sich wohlfühlen mit Anderen (Verein, Feiern, Partner
usw.).
So mancher kam schwer ins Grübeln. Danach versuchten wir
insgesamt unsere Situation einzuschätzen in Bezug auf eine
Rückfall. Wie weit waren wir davon weg? Auch hier waren die
Ergebnisse sehr unterschiedlich, je nachdem, wie weit die
eigene Behandlung schon entfernt war. Herr Eisele konnte uns
dann aber bestätigen, dass unser Selbsteinschätzung durchaus
dem entsprach, was man in Umfragen und Untersuchungen
bereits herausgefunden hatte.
Beruhigend einerseits, andererseits aber auch ein sicheres
Zeichen dafür, dass langjährige Abstinenz nicht „von selbst“
kommt, sondern erarbeitet wird.
Kleingruppenarbeit zur Rückfallauslösung und Hilfsideen
In Kleingruppen wurde das Thema später noch vertieft und die
Ergebnisse im Plenum zusammengefasst. So ist es angemessen,
wenn man einen Vorfall oder Rückfall als einen Lernschritt
ansieht, auch wenn die Folgen nicht immer gut oder sogar
harmlos sind, aber es gibt die Chance zur weiteren
Bearbeitung und stärkeren, Verfestigung der Abstinenz.
Weiterhin haben wir versucht zu schätzen, wann die größte
Rückfallgefährdung nach einer stationären Behandlung ist und
wie schnell nach einer Behandlung wieder das Suchtmittel zum
ersten mal wieder konsumiert wird (eher als Vorfall denn als
Rückfall anzusehen, aber s.o.).
Hier lagen wir in unserer Einschätzung allerdings
offensichtlich falsch: nicht innerhalb von ca. 6 Monaten
sondern nach mehr als einem Jahr tritt eine solche,
kritische Situation wieder auf.
Nachdenkliche Rauchpause, aber auch mit heftigen
Diskussionen
In den Pausen wurde immer wieder heftig weiter diskutiert –
unabhängig ob in der Rauchergruppe oder bei den
Nichtrauchern. So Mancher ging auch – selbst eingestanden –
mit sehr gemischten Gefühlen und nachdenklich Nachhause,
wobei wohl besonders der „trockenen Rückfall“ für
nachhaltige Verwirrung gesorgt hat. Daraus ergab sich dann
auch zwangsläufig der Wunsch der Seminarteilnehmer, dieses
Thema in einem weiteren Seminar im nächsten Jahr zu
vertiefen und fortzusetzen.
Klaus-Peter Sawinski,
Projektleiter DJMiK-Hessen
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